Dorfener Anzeiger vom 10.09.2003:

Noch ist nichts verloren

Gegner streben Bürgerbegehren zur Männerforensik an - VON HERMANN WEINGARTNER

Taufkirchen - Die geplante Männerforensik am Bezirkskrankenhaus (BKH) Taufkirchen polarisiert die Bürger der Vilsgemeinde. Zu der "Informationsveranstaltung" der Freien Wähler (FW) Oberbayern im Weißbräu waren rund 50 Gäste gekommen. Darunter Forensikbefürworter, -gegner sowie die Gemeinderäte Otmar Zeilbeck (FW) und Martin Huber (REP). Das Ergebnis der Veranstaltung: Es soll ein Bürgerbegehren gegen die Männerforensik initiiert werden.

Die Erklärungen der FW-Bezirksrätin Heike Lotterschmid, des stellvertretenden FW-Bezirksvorsitzenden Ernst Potzler und vor allem die von Fürstenfeldbrucks Vize-Landrat Ewald Zachmann machten den Gegnern Mut. "Durch den Gemeinderatsbeschluss ist noch nichts angebrannt", betonte der Rechtsanwalt. Da es keinen gültigen Bebauungsplan für das Gelände am BKH gebe, habe noch die Gemeinde die Planungshoheit, nicht der Bezirk. Wenn keine Mehrheit im Gemeinderat zu erreichen sei, könnten die Bürger über einen Bürgerentscheid - laut Zachmann "ein gewaltiges Instrument" - demokratisch ihre Ziele verfolgen.

Zielsetzung des Entscheids müsse sein, dass der Vertrag zwischen Gemeinde und Bezirk nicht unterschrieben, eine Veränderungssperre erwirkt und die bauliche Entwicklung am BKH gemäß des Willens der Bürger festgeschrieben werde. Sobald der Entscheid zugelassen sei (rund 600 Unterschriften würden reichen), könnten Gemeinderat und Bezirk zunächst nichts mehr machen. Bei Erfolg sei die Abstimmung ein Jahr rechtlich bindend und blockiere die Entwicklung, so Zachmann. Dies könne bei den Verantwortlichen möglicherweise schnell zu anderen Überzeugungen führen. Es könne durchaus sein, dass man sich dann nur für die Frauenforensik entscheide.

Bezirk der Auffassung, Taufkirchen sei dafür

Im Werkausschuss des Bezirkstages sei von der "staatstragenden Partei" (CSU) vermittelt worden, in Taufkirchen gebe es einen einstimmigen Konsens in der Bevölkerung, erklärte Lotterschmid. Von den Unterschriften und Dissonanzen habe sie erst kürzlich von der Bürgerinitiative (BI) erfahren. So hätte sie zunächst für den Standort Taufkirchen gestimmt. Nun habe sie aber ihre Meinung geändert. Die Bezirksrätin kündigte an, die BI voll zu unterstützen. Einen anderen Standort kenne Lotterschmid derzeit nicht. Dies sei aber bislang nicht geprüft worden, weil man davon ausgegangen war, Taufkirchen sei für diese Einrichtung.

Mit dem vorgeschlagenen Bürgerbegehren wollen nun die Forensikgegner diese geplante Einrichtung für psychisch kranke männliche Straftäter in Taufkirchen noch verhindern. Der Gemeinderat hatte sich mit nur einer Stimme mehr für die Männerforensik ausgesprochen. Doch über 2300 gesammelte Unterschriften, so BI-Mitglied Josef Nöscher, zeigten die deutliche Abneigung der Bürger. Gegen die Frauenforensik habe man nichts einzuwenden. Jetzt aber noch obendrauf die Männerforensik zu satteln, sei zu viel für Taufkirchen.

 

Erdinger SZ vom 11.09.2003:

Bürgerbegehren gegen Männerforensik

Teilnehmer einer Protestveranstaltung der Freien Wähler beschließen Aktion mit großer Mehrheit

Taufkirchen - Die Gegner der Männerforensik am Bezirkskrankenhaus wollen den Bau der Station nun mit Hilfe eines Bürgerbegehrens verhindern. Dies wurde am Dienstag Abend bei einer Protestveranstaltung der Freien Wähler Oberbayern beschlossen. Überdies wollen sie mit der Aktion „Karten mit Bitten an unseren Ministerpräsi­denten“ ihr Anliegen an höchs­ter Stelle vorbringen.

„Durch den Gemeinderatsbe­schluss ist noch nichts ange­brannt“, unterstrich der stellvertretende Bezirksvorsitzende und Landtagskandidat der FW Oberbayern, Ernst Potzler. Er warf Bürgermeister Franz Hof­stetter vor, bewusst am Tag der Protestveranstaltung eine Ge­meinderatssitzung angesetzt zu haben. Rechtsanwalt Ewald Zachmann aus Olching, der ebenfalls für den Landtag kandi­diert, mahnte die Bürger, nicht aufzugeben. Es gebe lediglich eine Darstellung des BKH-Areals im Flächennutzungsplan, da­mit könne kein Baurecht eingeklagt werden. Ein Bebauungs­plan existiere jedoch nicht. Es liege daher in der Hand der Ge­meinde, dem Bezirk die Bauer­laubnis zu erteilen. Dies könne man laut Zachmann mit einem Bürgerbegehren verhindern, das drei Aspekte enthalten müsse: Die Festlegung, dass die Gemeinde den Vertrag mit dem Bezirk nicht unterschreibt, dass eine Veränderungssperre für das BKH-Areal erlassen wird und das ein Bebauungsplan aufgestellt wird, wodurch be­stimmte Bauvorhaben ausgeschlossen werden können. Ein Bürgerbegehren habe auch eine politische Signalwirkung für den Bezirk, sagte Zachmann. „Sie dürfen sich nicht ins Bockshorn jagen lassen“ riet er den rund 50 Besuchern.

Die FW-Bezirksrätin Heike Lotterschmid sagte, sie habe erst in der Sitzung des Werkausschusses im Juli vom Bürgerpro­test erfahren. Sie riet der Bürgerbewegung, am kommenden Sonntag zum Tag der Offenen Tür des Bezirkstages zu kom­men und das persönliche Ge­spräch mit den Bezirksräten zu suchen. FW-Gemeinderat Ot­mar Zeilbeck war skeptisch: Ein Bürgerbegehren habe keine Chance, wenn die politische Seite anderer Meinung sei. Josef Nöscher von der Bürgerbewe­gung war dagegen begeistert von der Idee. Die erforderlichen 600 Unterschriften bekomme man mit Sicherheit. Mit großer Mehrheit wurde das Bürgerbegehren beschlossen.    jel

 

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